Naturschutz contra Denkmalschutz

Text: Elisabeth M. Spiegel, Sebastian Engelhardt

Fotos: Förderkreis Bahnhof Belvedere e.V.

 

Beitrag aus BlickPunkt 29

 

Rechts im Bild: Platane 1, drei Meter links daneben: Platane 2

Seit März 2015 stehen für die Sicherung der unzureichenden Fundamente des Wintergartens am Bahnhof Belvedere Bundesmittel bereit. Der für das Grundstück geltende Doppelschutz als Bau- und Gartendenkmal-ensemble und geschützter Landschaftsbestandteil, zwei gesetzlich gleichrangige Schutzgüter, verhinderte jedoch, dass die Gelder verausgabt werden konnten. Eine Baumgruppe aus sieben 180 Jahre alten Platanen hat seit 1985 den Status von Naturdenkmälern. Es handelt sich um den Restbestand einer Gartenarchitektur – Restaurationsterrasse mit einfassenden Pergolen und einem Schattendach aus ursprünglich 12 Bäumen mit Kronenschnitt – aus dem Jahr 1839. Nach Aufgabe des Kronenschnitts schossen die Bäume durch, entwickelten weit über das Gebäude reichende Kronen und Wurzeln, die in einem Fall nachweisbar unter die Baukonstruktion gewachsen sind.
Im Vorfeld eines wichtigen Abstimmungstermins erschienen in der zweiten Oktoberhälfte zahlreiche Erfolgsmeldungen über einen Durchbruch beim Bahnhof Belvedere in der Kölner Presse, die leider relativiert werden müssen.

 

Der Druck der Platanenwurzeln erzeugte diesen Riss im Mauerwerk des Wintergartens.

Platane 1
Es handelt sich um den unmittelbar am Gebäude stehenden Baum, der mit einer zentralen Wurzel von 30 Zentimetern Durchmesser und rund 90 Zentimetern Umfang in den Wintergarten gewachsen ist und einen deutlich sichtbaren Riss im Mauerwerk verursacht hat.
Am 4. September 2014 stellte das Liegenschaftsamt der Stadt Köln einen Fällantrag, für dessen Genehmigung die Untere Landschaftsbehörde und ihr Beirat zuständig sind. Am 4. Juli 2016 lehnte der Beirat die Fällung unter Nichtbeachtung wichtiger Gutachtenergebnisse mehr-heitlich ab. Ein vereidigter Sachverständiger für Baumschutz wies nach, dass bei der angetroffenen Starkwurzel von weiterem Holzuwachs auszugehen ist, die Wurzel-abrisskante unter dem Gebäude liegt und bei Sturm Schwingungsübertragungen auf angrenzende bauliche Anlagen zu erwarten sind. Der Statiker stellte fest, dass bei einer mit „erheblichen Mitteln“ herzustellenden Sicherung der Wände und Pfosten des Wintergartens die Auswirkungen auf Gebäude und Baum nicht abzuschätzen sind, so dass für eine solche Maßnahme keine Gewährleistung auf Schadensfreiheit übernommen werden kann. Dies hat beim Vorstand des Förderkreises, bei den Fördermittelgebern NRW-Stiftung und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie den Vertretern des Denkmalschutzes in Köln zu der Überzeugung geführt, dass eine nachhaltige Sanierung und Sicherung des Denkmals bei Erhalt des Baumes leider nicht möglich ist.
Die gesetzlich verankerte Möglichkeit der Politik, das Veto des Beirats im Ratsausschuss Umwelt und Grün zu überstimmen, verhinderte der Beiratsvorsitzende durch Anrufung der Höheren Landschaftsbehörde und des Umweltministeriums. Die Höhere Landschaftsbehörde hat inzwischen angeregt, dass die Stadtverwaltung den Antrag noch ausführ-licher begründet. Ende und Ausgang offen!

Platane 2 (drei Meter nördlich von Platane 1)
Für die Umnutzung des Gebäudes zu einer öffentlichen Kultur- und Begegnungsstätte hat der Förderkreis im Frühsommer 2013 eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines unterkellerten Zugangsbauwerks mit Aufzug und Fluchttreppenhaus gestellt, das gleichzeitig eine Verbindung zu Sanitäranlagen und Lagerräumen in einer neu zu schaffenden Unterkellerung herstellt. Diese Bauvoranfrage wurde im September 2013 positiv beschieden, allerdings von zwei Mitgliedern des Beirats mit weitreichenden Auflagen zur Eingriffsminimierung kommentiert. Gefordert wurde eine Verlegung der Unterkellerungen für Toiletten und Nebenräume unter den Vorplatz im Osten mit Zugang über eine offene Kellertreppe und Rückbau bzw. Verlegung des dort verlaufenden öffentlichen Abwasserkanals.
Die NRW-Stiftung nahm den anhaltenden Verfahrensstillstand zum Anlass, ihre seit Januar 2014 bestehende Förderzusage über 442.000 Euro für das Zugangsbauwerk auf den Prüfstand zu stellen. Unter diesem Druck wurde im gemeinsamen Gespräch vereinbart, das Planungsareal mit Wurzelschürfen zu untersuchen. Die aufwändigen Untersuchungen unter Einsatz eines Saugbaggers legten wie vom Förderkreis prognostiziert die Fundamente des bauzeitlichen Latrinenhauses mit Sicker-grube und stark verfestigten Schluff mit der Originalpflasterung von 1839 frei. Von Wurzeln fand sich keine Spur.
Damit ist der Weg für die Errichtung des Zugangsbauwerks inclusive Unterkellerung geebnet und ein wichtiges Zwischenziel erreicht. Nur für diesen Bereich treffen die Erfolgsmeldungen in der Presse der vergangenen Wochen tatsächlich zu.
 

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